Kennt ihr bereits die Geschichte vom weißen Känguru?
Nein?
Dann werde ich sie euch erzählen.
Es begab sich, vor etwa einem oder zwei Jahren, dass ein sehr reicher Mann sein Leben überschaute. Es war ein Leben in Prunk und Luxus gewesen. Er hatte eine wunderschöne Frau, vier perfekte Kinder und alle waren sie kerngesund und die glücklichste Familie, die man sich nur vorstellen konnte.
Der Mann fuhr jeden Tag mit einem seiner sieben Ferraris zur Arbeit, wenn er nicht lieber einen seiner drei Lamborginis nahm, und wenn er heimkam, erwartete ihn im Garten, der schon fast ein ganzer Stadtpark war, der Swimming Pool, vorgeheizt und mit Massageblässchen. Wenn er dann Abends, nachdem er auf seiner Designercouch im Kinosaal auf seiner fünf mal sieben Meter Leinwand einen Film angesehen hatte, in sein durchsichtiges Wasserbett fiel, in dem Fische schwammen, die für angenehme Bewegung sorgten und ihn eigentlich langsam in den Schlaf wiegen sollten, lag er aber oft noch Stunden wach und überlegte.
Irgendwas fehlte in seinem Leben.
Es schien ihm langweilig und eintönig zu sein. Nicht selten tat er kein Auge zu, während er überlegte, was fehlte.
Und in dieser Nacht sollte ihm der Einfall kommen.
Während er so grübelte und grübelte, lag ihm das Känguru, dass er zum Mittagessen gehabt hatte, schwer im Magen. So dachte er also an ein Känguru. Und plötzlich kam ihm die Idee. Ein Känguru würde sein Glück perfekt machen. Aber nicht irgendein Känguru, nein. Es musste ein ganz besonderes Känguru sein. Ein weißes Känguru.
Ja.
Das war die perfekte Idee.
Und so stand er am Morgen gut gelaunt auf und da an diesem Tag Sonntag war, er also nicht zur Arbeit gehen musste, rief er gleich in Australien an, um dort das weiße Känguru zu bestellen.
Und tatsächlich.
Nach einiger Zeit Disskusion und mit einiges an Überredungskunst schaffte der Mann es, ein weißes Känguru zu beschaffen. Es kam bald mit einem Privatjet an und die ganze Familie hatte es vom ersten Moment an ins Herz geschlossen. Der Betreuer des Kängurus zog den Mann schnell zur Seite. "Das Känguru ist ein Prachtexemplar. Aber es gibt eine Sache, die Sie unbedingt beachten müssen. Das ist wirklich sehr wichtig. Es könnte eine Katastrophe geben, wenn sie das falsch machen. Tippen sie dem Känguru niemals auf die Nase.", sagte er mit Australischem Akzent. Der Mann nickte eifrig und lud das Känguru in den Lastwagen ein, den er extra als großen Transportstall hatte umbauen lassen, und so fuhr die ganze Familie mit dem Känguru an Bord nach Hause, wo sie das Känguru in den Garten ließen. Es schnüffelte kurz am Zaun, dann hüpfte es, Baunz, Baunz, Baunz, los auf die Wiese.
Das Känguru lebte nun schon fast ein Jahr bei der Familie und alles lief, wie es laufen sollte. Es fühlte sich pudelwohl und spielte mit den Kindern und der Mann war endlich glücklich.
Während das Känguru dann Nachts immer noch unermüdlich, Baunz, Baunz, Baunz, durch den Garten hüpfte, lag der Mann jedoch mal wieder schlaflos in seinem Bett. Er konnte nicht schlafen, weil ihn eine Frage quälte: Was passiert, wenn man dem Känguru auf die Nase tippt.
Das ging dann wieder nächtelang so, bis er eines Tages einen Entschluss fasste. Er packte alles nötige für sich und seine Familie zusammen und ließ es in ein Flugzeug bringen, dass ihn nach Amerika wegfliegen sollte. Seine Familie wartete bereits dort, als er nach dem Känguru rief.
Und schon kam es, Baunz, Baunz, Baunz, fröhlich angehüpft. Der Mann atmete tief durch, dann tippte er das Känguru auf die Nase und noch bevor es reagieren konnte, war er schon in seinem Ferrari und brauste mit einem Affenzahn davon. Im Rückspiegel konnte er gerade noch das Känguru sehen, wie es, Baunz, Baunz, Baunz, hinterherhüpfte, aber es war nicht schnell genug.
Der Mann fuhr so zum Flughafen und wollte gerade abbiegen, als er in einen Stau fuhr. Erschrocken blieb er stehen und wollte umdrehen, doch schon waren einige Autos hinter ihm, so dass er nicht mehr gehen konnte. Nun gut. Das Känguru war sicher schon längst abgehängt, sagte er sich und klopfte nervös auf seinem Lenkrad herum.
Als sein Blick nach einer halbe Stunde, der Stau hatte sich fast aufgelöst, wieder nach hinten schaute, war da das Känguru. Ein Schreck durchfuhr ihn, als er sah, wie es Auto für Auto in die Fenster einen Blick warf und, Baunz, Baunz, Baunz, weiterhüpfte. Der Stau vor ihm löste sich immer weiter.
Als das Känguru noch gerade zwei Autos hinter ihn war, konnte der Mann endlich losfahren. Mit einem Affenzahn, dass er gleich noch einen Blitzer auslöste, fuhr er davon und kam, leider ein wenig zu spät für seinen Flug, am Flughafen an. Gerade sah er noch, wie die Maschine mitsamt seiner Familie davonflog. Keuchend und ein wenig ängstlich rannte er zum Schalter. "Den Nächsten Flug, schnell!", sagte er. Die Bedienung schaute ihn verwirrt an. "Der geht aber zum Nordpol..." "Egal, schnell, ein Ticket!"
Fünfzehn Minuten später saß er in der Maschine und konnte noch sehen, wie das Känguru auf der Landebahn, Baunz, Baunz, Baunz, hinter ihm herhüpfte. Jetzt, dachte er bei sich, habe ich das Biest endlich abgehängt.
Und so fand er sich einen Tag später am Nordpol. Er hatte bei den Inuits ein Iglu bekommen, in dem er jetzt wohnte. Eigentlich hatte er es ganz gemütlich. Nur vermisste er den Luxus, seine Ferraris, die er ja nicht mitnehmen hatte können. Und er war sicher vor dem Känguru. Dachte er zumindest.
Eines Tages waren alle Inuits auf der Fischjagd und der Mann war alleine im Dorf, als er ein leises "Baunz, Baunz, Baunz" hörte.
Zuerst erschrak er. Dann beruhigte er sich mit dem Gedanken, dass das nur ein tropfender Eiszapfen sein konnte. Doch als das Baunz, Baunz, Baunz, immer näher kam und jede der Iglus absuchte, wurde der Mann immer unruhiger. Weg konnte er nicht, ansonsten würde er sich verlaufen und erfrieren. Aber hier bleiben...
Noch bevor er zuende denken konnte, streckte eine weiße Kängurunase ihre Spitze in das Iglu. Der Mann wagte kaum noch zu atmen, geschweigedenn sich zu bewegen. Das Känguru kam in das Iglu hinein. Langsam stand der Mann auf und Angst durchfuhr ihn. Das Känguru hüpfte langsam, Baunz, Baunz, Baunz, auf ihn zu und streckte eine Vorderpfote nach ihm aus. Der Mann drückte sich panisch an die hintere Igluwand, dich das Känguru kam immer näher.
Es streckte sich aus und...
Und schlug ihm auf die Nase und rief: "Du bist!"