Ich lag wieder einmal auf meinem Bett und las WarriorCats, mein Lieblingsbuch. Das tat ich, um mich abzulenken von dem heutigem Schultag, der wie immer in einer absoluten Katastrophe geendet hatte.
Wenn ich mich jetzt nicht auf ein Buch gestürzt hätte, wäre ich wahrscheinlich wieder einmal weinend auf meinem Bett zusammengesunken. Doch ich wollte unbedingt stark bleiben, ich musste es, wenn ich mein Leben endlich in die Hand nehmen wollen würde, um mich gegen die Anderen zu behaupten..
Wie ich es hasste, wenn meine Mitschüler bzw. Mobber in Scharen auf mich herfielen! Jedes noch so kleine Wort, löste tief in mir einen Sturm der Verzweiflung und des Selbstmitleides aus.
Ich schüttelte den Kopf und las weiter, ich durfte einfach nicht mehr daran denken..
Doch schon nach zwei Seiten glitten meine Gedanken ab in meine Vergangenheit….
Gemobbt wurde ich eigentlich schon seit dem Kindergarten, wenn man das damals schon so nennen konnte. Vermutlich war dieser Vorfall nicht einmal die Absicht dieser Person gewesen, doch ich glaubte dennoch, dass auch dieser Vorfall ausschlaggebend für meinen späteren Charakter war.
Ich erinnerte mich noch genau an den Tag, an dem ich damals mit jemanden aus meiner Gruppe „Mutter-Vater-Kind“ gespielt hatte. Ich war das Kind, die Andere die Mutter. Da ich ja das Kind war, musste ich in dem kleinen, dunklen Raum unter der Treppe des oberen Stockes „schlafen“, und durfte nicht einmal aufstehen. Ich ging trotzdem einige Male hinaus, aber die Andere schickte mich immer zurück. Irgendwann kam meine echte Mutter, die mir meine Jause mitnahm, die ich zu Hause vergessen hatte. Normalerweise wäre ich aufgestanden, aus dem Raum hinausgerannt, und meiner Mutter um den Hals gefallen, doch die Worte meiner Kollegin hielten mich zurück, dies in die Tat umzusetzen…
Ich riss mich aus meinen Erinnerungen und las weiter, doch irgendwann gab ich es auf, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Das Buch flog in hohen Bogen durch das Zimmer, während sich meine Depressionen langsam in Wut wandelten…
„Angiii!“, hörte ich einen meiner Klassenkollegen in diesem mir verhassten, belustigten Tonfall rufen. Ich überlegte krampfhaft, ob ich weitergehen sollte, oder ob ich mich doch zu ihm umdrehen sollte. Ich entschied mich schließlich für Zweiteres, blieb stehen und wirbelte herum.
„Was ist?“, fragte ich, darum bemüht, meine Stimme so eiskalt wie möglich klingen zu lassen. Meine Augen funkelten sowieso immer kalt, also brauchte ich mir wegen ihnen keine Sorgen zu machen.
„Na, wie geht es dir so?“, fragte er mich, während er seine Stimme so hoch wie nur möglich hielt. Ich spürte, wie Wut in mir aufstieg, doch ich unterdrückte sie, wie jeden Tag.
Ich antwortete leise, so, dass man es kaum verstehen konnte, „Gut“, drehte mich um und schritt davon. Ich bemühte mich, so lässig wie möglich zu verschwinden. Doch ich konnte nicht verhindern, dass meine Schritte etwas schneller als gewöhnlich waren. Hinter meinem Rücken konnte ich das Lachen von ihm und seinen Freunden hören…
Ich tat es schon wieder! Wütend schüttelte ich den Kopf. Solche Situationen hatte ich täglich mehrmals durchzustehen, also wieso stürzte jetzt auf einmal alles Geschehene auf mich ein? Ich stand auf, um mein Buch aus der Ecke meines Zimmers zu holen. Während ich mich wieder auf meinem Bett niederließ und das Buch aufschlug, spürte ich den seelischen Schmerz, den ich so sehr zu unterdrücken versuchte, heftiger denn je, und wieder stürzten die Erinnerungen auf mich ein..
Neugierig starrte ich auf das Display meines Handys, ob meine beste Freundin mir schon zurückgeschrieben hatte. Überrascht bemerkte ich, dass ich gleich zwei neue Nachrichten empfangen hatte. Eine war von meiner BF, die andere von einer anderen Freundin meiner besten Freundin.
Ich schrieb beiden zurück. Irgendwann wurden die Nachrichten meiner Freundin aggressiver, so zum Beispiel schrieb sie mir, dass ich unnötig wäre und ich keine Freunde hatte.
Beiden schrieb ich, ob es ihnen eh Spaß macht, mich zu verarschen, da ich wusste, dass die beiden sicher bei meiner BF waren, zusammen mit ein paar anderen Leuten, und sich über mich lustig machten. Aber dennoch konnte ich es nicht glauben, dass das tatsächlich meine beste Freundin war, die das hier schrieb. Wir waren immerhin schon ungefähr 7 Jahre lang befreundet, und hatten schon so viel miteinander unternommen und durchgemacht. Zwar beachtete sie mich in der Schule nicht wirklich, doch ich war glücklich, dass ich überhaupt eine Freundin hatte. So hatte sie noch nie mir mir gesprochen oder geschrieben, und mir kam ganz langsam der Gedanke, dass sie mich all die Jahre nur ausgenutzt hatte…
Die Freundin meiner BF schrieb einfach „Was meinst du?“ zurück, und meine BF wieder irgendeine Beschimpfung. So ging das noch einige Male hin und her, bis ich nichts mehr zurückschrieb, weinte, und es nicht glauben konnte. In der Nacht erhielt ich noch eine Droh-Sms von einem Klassenkollegen, dass ich meine BF in Ruhe lassen sollte.
Seit diesem Tag hatten meine ehemalige „BF“ und ich keinen Kontakt mehr.
Der Schmerz pulsierte heftig in meiner Brust, ich bekam fast keine Luft mehr, doch es war mir egal. Die Tränen strömten nur so aus mir heraus, ich weinte und weinte, das alles machte mich einfach fertig. Die täglichen Angriffe meiner Mitschüler, der Verrat meiner besten Freundin…
Irgendwann beruhigte ich mich wieder, ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich holte mir meinen Mopedschlüssel und meinen Helm und raste mit dem Moped davon. Ich fuhr direkt zum Fluss, der nicht weit von unserem Haus entfernt war, und versteckte mein Moped zwischen ein paar Bäumen. Dann begab ich mich auf die Brücke und kletterte über das Brückengelände. Während ich sprang, glaubte ich noch, das entsetzte Aufkreischen einiger Passanten zu hören. Dann verschlang mich das eiskalte Wasser endgültig.
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